Es hätten mehr sein können...
371 Rehburg-Loccumer konnten wir an diesem Wochenende im Rahmen einer dezentralen Impfaktion zusammen mit der Gemeinschaftspraxis Rehburg gegen das Coronavirus impfen. Ein weiterer, guter Schritt in der Bekämpfung der Pandemie und in Richtung der Hoffnung mehr Normalität.
Trotzdem zeigten sich Bürgermeister Martin Franke, Ärztin Sylvia Finkelmann und unser Geschäftsführer Jens Sewohl heute Nachmittag nach der Impfaktion mit gemischten Gefühlen. Es hätten mehr sein können, es hätte im Vorfeld besser laufen können, vor allem mit weniger Hürden durch und mehr Unterstützung von Seiten der übergeordneten Politik. Darin waren sie alle drei einig.
Unbürokratische Strukturen erschweren die Impfungen vor Ort
„Wir wissen, es gibt nur einen Weg aus der Krise und stehen mit einer leistungsfähigen Struktur Gewehr bei Fuß, aber die politischen Hürden und die Tatsache, dass die Landespolitik offensichtlich nicht in der Lage ist kurzfristiger und unbürokratischer zu reagieren, machen es uns vor Ort sehr, sehr schwer,“ sagte Bürgermeister Franke.
Unberechtigt schlechtes Image des Impfstoffs bremst die Nachfrage
Die erste Ernüchterung folgte schon am Mittwoch. Trotz einer breit gestreuten Veröffentlichung über Presse, Internet, soziale Medien und Mund-zu-Mund-Propaganda wurden während des gesamten Nachmittags lediglich rund 100 Termine gebucht. Dieses Bild setzte sich auch am folgenden Tag fort, so dass am Ende nur 128 Impftermine an die berechtigte Gruppe der über 70jährigen vergeben werden konnte. Weiteren 100 Anrufern mussten die Mitarbeiter der Stadt eine Absage erteilen, da sie in der Altersgruppe zwischen 60-70 Jahren noch keinen Anspruch auf eine Impfung haben.Nachdem vor etwas mehr als einer Woche bekannt wurde, dass die Stadt Rehburg-Loccum 400 Impfdosen des Vakzins AstraZeneca zur Verfügung gestellt bekommt, hatte die drei beteiligten Parteien sofort Verbindung aufgenommen, zahlreiche Mitarbeiter mobilisiert und die Impfaktion kurzfristig und hochmotiviert durchgeplant.
Die Gründe für die zurückhaltende Nachfrage sehen Martin Franke, Jens Sewohl und Sylvia Finkelmann nicht nur im schlechten Image des Impfstoffs AstraZeneca, dass laut Sylvia Finkelmann unberechtigt ist. Auch habe die Stadtverwaltung keine Informationen darüber, wie viele der impfberechtigten Personen im Einzugsgebiet bereits die Erstimpfung erhalten, bereits einen Termin im Impfzentrum oder beim Hausarzt vereinbart haben oder sich generell nicht impfen lassen möchten, heißt es in einer Pressemitteilung aus dem Rathaus.
Hilferufe werden abgewiesen - Motivation bleibt
Nach der enttäuschenden Resonanz bei der Anmeldung schickten Sylvia Finkelmann und Bürgermeister Martin Franke eilige Hilferufe an die niedersächsische Staatskanzlei und die regionalen Landtagsabgeordneten, mit der Bitte um Erweiterung des Personenkreises. Jens Sewohl telefonierte wiederholt mit den Entscheidungsträgern des Landkreises. Es folgte die zweite Ernüchterung: Eine außerplanmäßige Abweichung von den festgelegten Prioritätsgruppen ist nicht vorgesehen.
Die Motivation, die zur Verfügung stehenden Impfdosen doch noch nutzen zu können, blieb. Deshalb wurden noch bis in den frühen Freitagabend Personen angesprochen, die eine Vorerkrankung mit hohem Risiko nachweisen konnten. „Auf dem Land kennt man sich und Mund-zu-Mund funktioniert hier ganz gut,“ so Franke.
371 Personen werden geimpft: "Die Leute waren froh und dankbar."
Die Zahl von 400 Impfungen konnte schließlich zumindest fast erreicht werden und „Die Leute waren froh und dankbar,“ erzählt Sylvia Finkelmann. Sie wünscht sich für die Impfkampagne dringend „…mehr Flexibilität, mehr Impfstoffe für die Hausärzte und deutlich weniger Bürokratie, wie zum Beispiel bei der Grippeimpfung.“
30 ungenutzte Dosen gehen zurück
Die rund 30 ungenutzten Impfdosen gehen nun zurück in Impfzentrum nach Drakenburg, um dort möglichweise irgendwann einen Impfwilligen zu finden, der dafür dankbar ist. Jens Sewohl weiß: „Es gibt viele, die sich sehr über eine Impfung freuen würden, – auch mit AstraZeneca - weil sie wissen, dass nur eine erfolgreiche Immunisierung zur Überwindung der Pandemie führt.“
Aber wann und wie schnell das sein wird, dass liegt wohl maßgeblich darin, ob weiterhin die Einhaltung bürokratischer Vorgaben zur Vermeidung (vermeintlicher) Ungerechtigkeiten wichtiger sein werden als ein flexibleres System mit der Folge einer schnellen Durchimpfung der Bevölkerung.
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